Historische Jahres- und Gedenktage
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27. Januar
27. Januar
Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus
Seit 1996 ist der 27. Januar der „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ und damit ein nationaler Gedenktag, an welchem man der über sechs Millionen Juden und der vielen anderen Opfer gedenkt, die während der nationalsozialistischen Herrschaft ermordet wurden. Das Datum selbst erinnert an die Befreiung der Überlebenden des nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch Soldaten der Roten Armee am 27. Januar 1945.
27. Januar
Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus
Seit 1996 ist der 27. Januar der „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ und damit ein nationaler Gedenktag, an welchem man der über sechs Millionen Juden und der vielen anderen Opfer gedenkt, die während der nationalsozialistischen Herrschaft ermordet wurden. Das Datum selbst erinnert an die Befreiung der Überlebenden des nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch Soldaten der Roten Armee am 27. Januar 1945.
Auf Initiative des damaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, der ab November 1994 mehrfach dafür plädierte, einen nationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus einzuführen, und durch die wachsende politische Akzeptanz im Zuge nationaler und internationaler Gedenkveranstaltungen anlässlich des 50. Jahrestages des Kriegsendes in Europa einigten sich die Bundestagsfraktionen im Juni 1995 auf den 27. Januar als nationalen Gedenktag. Am 3. Januar 1996 proklamierte Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar zum „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“.
2005 wurde der 27. Januar von der EU zum europäischen Gedenktag und im selben Jahr von den Vereinten Nationen zum globalen Gedenktag („International Day of Commemoration in Memory of the Victims of the Holocaust“) erklärt.
8. Mai
8. Mai
Ende Zweiten Weltkrieges
Offiziell wird das Ende aller Kampfhandlungen für den 8. Mai 1945 um 23:01 Uhr festgelegt. Die deutsche Wehrmacht hat kapituliert, der Zweite Weltkrieg in Europa ist vorbei. In Mecklenburg-Vorpommern ist der 8. Mai als Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus und der Beendigung des Zweiten Weltkrieges ein offizieller Gedenktag.
8. Mai
Offiziell wird das Ende aller Kampfhandlungen für den 8. Mai 1945 um 23:01 Uhr festgelegt. Die deutsche Wehrmacht hat kapituliert, der Zweite Weltkrieg in Europa ist vorbei. In Mecklenburg-Vorpommern ist der 8. Mai als Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus und der Beendigung des Zweiten Weltkrieges ein offizieller Gedenktag.
Am 8. Mai 1945 endete mit der vollständigen Kapitulation der Wehrmacht der Zweite Weltkrieg in Europa. Als nationalsozialistischer, rasseideologischer Vernichtungskrieg hatte er Millionen Menschen das Leben gekostet: 6 Millionen europäische Juden fielen dem Rassewahn der Nationalsozialisten zum Opfer, in weiten Teilen Europas war jüdisches Leben ausgelöscht. Mit insgesamt 60-70 Millionen Toten steht der Zweite Weltkrieg für die Tragödie des 20. Jahrhunderts. Eine bipolare Weltordnung entstand, das Gesicht Europas veränderte sich völlig.
23. Mai
23. Mai
Tag des Grundgesetzes
Nach dem Scheitern der Weimarer Republik und den darauffolgenden Schrecken des Nationalsozialismus standen die Verfasser des Grundgesetzes vor der verantwortungsvollen Aufgabe Deutschland eine Rechtsgrundlage zu geben, die die jüngste deutsche Geschichte nicht noch einmal geschehen lässt. Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland wurde am 23. Mai 1949 verkündet und hat sich bis heute als Fundament der deutschen Demokratie bewährt. Seitdem führt Artikel 1 „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ das deutsche Rechtssystem an. Die Artikel des Grundgesetzes stehen über allen anderen deutschen Rechtsnormen. In ihnen sind die grundlegenden staatlichen System- und Wertentscheidungen festgelegt.
23. Mai
17. Juni
17. Juni
Nationaler Gedenktag des deutschen Volkes
Eine Senkung von Arbeitsnormen, die Freilassung politischer Häftlinge, den Rücktritt der SED-Regierung, freie Wahlen und die Einheit Deutschlands: Mutig traten Ostdeutsche am 17. Juni 1953 in der ganzen DDR für diese Ziele ein. Die Hoffnungen der Demonstrierenden wurden schon im Lauf des Nachmittags zerstört, als sowjetische Panzer auffuhren, um den Aufstand niederzuschlagen.
17. Juni
Der 17. Juni 1953 in Mecklenburg und Vorpommern
Auch im Norden der DDR war die Atmosphäre schon in den Tagen vor dem 17. Juni 1953 angespannt. Stimmungsberichte meldeten zum Neuen Kurs: „Selten hat ein Beschluß solche Diskussionen ausgelöst und solche Zustimmung erhalten. Überwiegender Teil der Stellungnahmen zustimmend. Auch die feindlichen Argumentationen nehmen zu.“
Die Nachrichten von den Streiks und Demonstrationen in Berlin kamen mit zeitlicher Verzögerung im Norden an. Die Volkspolizei erhielt erst am Nachmittag des 17. Juni offiziell Kenntnis von den Vorgängen in Berlin. Am späten Abend rief die SED ihre Kreissekretäre zusammen und über Nacht wurden gemeinsam mit den sowjetischen Kommandanturen die Befehle über den Ausnahmezustand weitergegeben und „Sicherungsmaßnahmen“ getroffen. Inzwischen hatte auch die Bevölkerung über den „Rundfunk im amerikanischen Sektor“ (RIAS) und den „Nordwestdeutschen Rundfunk“ (NWDR) Informationen erhalten. Am Morgen des 18. Juni begannen in den Betrieben und auf den Straßen „Diskussionen“, die auch noch am folgenden Tag registriert wurden. Die Arbeitsniederlegungen beschränkten sich allerdings in den meisten Fällen auf nur wenige Stunden. Erleichtert stellte die SED-Bezirksleitung Rostock später fest, es habe kein Blutvergießen gegeben.
Am 18. Juni verurteilte das Rostocker Bezirksgericht einen „Rädelsführer“ zu 25 Jahren Zuchthaus. Am 23. Juni meldete die Volkspolizei des Bezirks Schwerin, sie habe „10 Bürger der DDR und 1 Staatenlosen“ festgenommen, von denen sieben der Staatssicherheit übergeben wurden. Eine Untersuchung über die Zahl der im Norden der DDR tatsächlich Verhafteten und Verurteilten steht noch aus.
(Zitiert aus: Vierneisel, Beatrice (2003): Der 17. Juni 1953 in Mecklenburg und Vorpommern. Begleitheft zur Ausstellung, Schwerin: Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik.)
13. August
13. August
Beginn des Baus der Berliner Mauer
In den frühen Morgenstunden des 13. August 1961 riegelten Sicherheitskräfte der DDR die Sektorengrenze in Berlin ab. Barrikaden wurden errichtet, Betonpfähle eingerammt und Stacheldrahtzäune gezogen. Der Übergang von Ost nach West war versperrt, die Stadt in zwei Hälften geteilt. Die Berliner Mauer trennte mehr als 28 Jahre lang Ost und West. Sie wurde zum Symbol der konfliktreichen Nachkriegsordnung. Zwischen 1961 und 1989 wurden mindestens 140 Menschen an der Berliner Mauer getötet oder kamen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem DDR-Grenzregime ums Leben. Darüber hinaus verstarben mindestens 251 Reisende aus Ost und West vor, während oder nach Kontrollen an Berliner Grenzübergängen.
13. August
16. Oktober
16. Oktober
Die Friedliche Revolution im Norden der DDR
Die Friedliche Revolution ging auch im Norden der DDR – dem heutigen Mecklenburg-Vorpommern - nicht nur von den großen Städten aus. Überall fanden sich Menschen zusammen, die das Land nicht verlassen, sondern es verändern wollten. Was zunächst in kleinen Gruppen mit Friedensgebeten, widerständigen Aktionen oder stiller Verweigerung seinen Anfang nahm, wurde zu einem lautstarken Protest für demokratische Grundrechte.
16. Oktober
Die Friedliche Revolution ging auch im Norden der DDR – dem heutigen Mecklenburg-Vorpommern - nicht nur von den großen Städten aus. Überall fanden sich Menschen zusammen, die das Land nicht verlassen, sondern es verändern wollten. Was zunächst in kleinen Gruppen mit Friedensgebeten, widerständigen Aktionen oder stiller Verweigerung seinen Anfang nahm, wurde zu einem lautstarken Protest für demokratische Grundrechte.
Unter dem Motto „Eine Hoffnung lernt laufen“ gehen etwa 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Waren als einer der Ersten im Norden an einem Fürbittgottesdienst in der Georgenkirche am 16. Oktober 1989 mit Kerzen in der Hand durch die Innenstadt zur Marienkirche, wo der Gottesdienst fortgesetzt wird. Mit Kerzen in der Hand brachten Bürgerinnen und Bürger die kommunistische Herrschaft in vielen kleinen Städten und Orten des Landes friedlich und in kürzester Zeit zum Zusammenbruch.
9. November
9. November
Der 9. November in der deutschen Geschichte
Beim 9. November muss man sich der Vielschichtigkeit des Datums bewusst sein. Es steht für erfolgreiche (1918: Ausrufung der Republik in Berlin) und gewaltlose (1989: Öffnung der Berliner Mauer) Revolutionen wie auch einen Putschversuch (1923: Hitler-Ludendorff-Putsch). Dieser Tag wurde zum Synonym für Unmenschlichkeit (1938: Novemberpogrom im Deutschen Reich), aber auch zum Tag der menschlichen Vernunft (1989: Gewaltlosigkeit).
9. November
Der 9. November in der deutschen Geschichte
Beim 9. November muss man sich der Vielschichtigkeit des Datums bewusst sein. Es steht für erfolgreiche (1918: Ausrufung der Republik in Berlin) und gewaltlose (1989: Öffnung der Berliner Mauer) Revolutionen wie auch einen Putschversuch (1923: Hitler-Ludendorff-Putsch). Dieser Tag wurde zum Synonym für Unmenschlichkeit (1938: Novemberpogrom im Deutschen Reich), aber auch zum Tag der menschlichen Vernunft (1989: Gewaltlosigkeit).
1989 – Der Fall der Berliner Mauer
Am 9. November 1989 um 18.53 Uhr verlas SED-Politbüromitglied Günter Schabowski, auf der gerade eingeführten, täglichen Pressekonferenz – die vom DDR-Fernsehen und im Radio live übertragen wurde – eher beiläufig eine Meldung, die ihm Egon Krenz eine Stunde zuvor zugesteckt hatte. Bei dem, was der frisch ernannte Sekretär für Informationswesen des Zentralkomitees (ZK) der SED von einem zweiseitigen Papier ablas, handelte es sich um einen Beschluss des Ministerrates der DDR „zur Veränderung der Situation der ständigen Ausreise von DDR-Bürgern nach der BRD über die ČSSR“. Dieser sollte am kommenden Morgen, dem 10. November, um 4 Uhr in Kraft treten und die Ausreisewelle über Drittländer in die Bundesrepublik stoppen.
Bei der Beratung des Papiers im ZK der SED war Schabowski nicht anwesend. So verkündete er – ohne Kenntnisse der Details –, dass der Ministerrat der DDR „auf Empfehlung des Politbüros" eine Regelung beschlossen habe, die es „jedem Bürger der DDR" möglich mache, „über Grenzübergangspunkte der DDR auszureisen". Reiseanträge für „Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen – Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse – beantragt werden. Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt. Die zuständigen Abteilungen Pass- und Meldewesen der Volkspolizeikreisämter (...) sind angewiesen, auch Visa zur ständigen Ausreise unverzüglich zu erteilen, ohne dass dafür noch geltende Voraussetzungen für eine ständige Ausreise vorliegen müssen." Die Ausreise in den Westen könne über alle Grenzübergangsstellen des Landes „zur BRD bzw. zu Berlin-West" erfolgen. Auf Nachfrage des „Bild"-Zeitungsreporters Peter Brinkmann, wann diese Bestimmung in Kraft trete, antwortete Schabowski konfus: „Das tritt nach meiner Kenntnis ... ist das sofort, unverzüglich.“ Die westlichen Nachrichtenagenturen hatten ihre Topmeldung! Zugleich begannen sie Schabowskis unpräzise Angaben „zu verdichten und einen eigenen Bedeutungszusammenhang zu konstruieren" (Hertie 2007, S. 149).
Die dpa setzte bereits wenige Minuten nach Ende der Pressekonferenz die Eilmeldung ab: „Von sofort an können DDR-Bürger direkt über alle Grenzstellen zwischen der DDR und der Bundesrepublik ausreisen." Daraufhin setzte ein Ansturm auf die Grenzübergänge zwischen Ost- und Westberlin ein, auf den die DDR-Grenzhüter in keiner Weise vorbereitet waren. Gegen 21.30 Uhr ließen sie an der Bornholmer Straße einzelne DDR-Bürger die Absperrungen passieren, um Druck aus der Situation zu nehmen. Doch was als „Ventillösung" (Harald Jäger) gedacht war, löste schon bald eine Flutwelle aus. Ihnen gegenüber standen lediglich 15 Grenzkontrolleure. Um 23.25 Uhr befahl ihr von seinen Vorgesetzten im Stich gelassener Befehlshaber dann in eigener Verantwortung, die Grenzschranken zu öffnen. Jubelnd strömten die Menschen nach Westberlin.
Die Öffnung weiterer Berliner Übergänge folgte im Minutenabstand. Nach Mitternacht öffneten auch die Kontrollpunkte im Berliner Umland ihre Sicherungssperren. „Die Grenztruppen haben in dieser Nacht für die SED kapituliert.“ (Manfred Wilke, in: LVZ, 3. November 2009)
(stark gekürzt zitiert aus Lindner, Bernd (2010): Die demokratische Revolution in der DDR 1989/90. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung)
Die Grenzöffnung in Mecklenburg-Vorpommern
Klaus-Dieter und Eve Lehmkuhl, ein im Kreis Hagenow beheimatetes Ehepaar, das die aktuellen Sondermeldungen am heimischen Fernsehschirm verfolgt hatte, brach unverzüglich in Richtung Westgrenze auf. Als die Eheleute gegen Mitternacht am Elbberg in Boizenburg eintrafen, stießen sie bereits auf eine in Volksfeststimmung ausharrende Menge. Was daraufhin geschah, blieb unauslöschlich in ihrem Gedächtnis haften: Dann kam einer von der Polizei und sagte, wir möchten doch nach Hause fahren. >Nee<, haben wir gesagt. >In Berlin gehen die Leute über die Grenze, und wir wollen es auch!< Dann hat einer das Radio angemacht: >Hier hören sie es doch.< […] Nun kamen zwei Offiziere und fingen an, wir sollten vernünftig sein, das geht nicht! >Nix<, haben wir gesagt, >wir wollen nur einmal rüber und zurück – was in Berlin möglich ist, das ist auch hier möglich!< So, nun fuhren sie wieder weg. Vielleicht 'ne halbe bis dreiviertel Stunde später kamen sie mit >nem Auto angejagd, guckten uns an: >Na Herrschaften, wenn es denn unbedingt sein muß — bitteschön.<
Ähnliche Szenen spielten sich nur wenige Kilometer davon entfernt an der Grenzübergangsstelle Zarrentin ab. Da die Grenzer die Durchfahrt verwehrten, riegelten die Wartenden kurz entschlossen die Transitstrecke in beiden Richtungen ab. Unterstützung erhielten sie von einem westdeutschen Trucker, der sein Fahrzeug quer auf die Fahrbahn stellte. Kurz nach 2.00 Uhr gaben die entnervten Kontrolleure nach und öffneten den Schlagbaum.
Mit dem Abbau der Sperranlagen wurde bereits Ende November begonnen. Den Angaben des Schweriner Grenzbezirkskommandos zufolge sollte der aus Stacheldraht bestehende Signalteil des ca. 104 km langen Grenzabschnitts abgebaut und »volkswirtschaftlichen Zwecken« zugeführt werden […,] z.B. die Verwendung von Betonteilen ehemaliger Wachttürme als Litfaßsäulen.
(stark gekürzt zitiert aus Langer, Kai (1999): »Ihr sollt wissen, daß der Norden nicht schläft…«.Zur Geschichte der »Wende« in den drei Nordbezirken der DDR. Bremen: Edition Temmen)
1938 – Pogromnacht
Die Pogromnacht in Mecklenburg
Im Herbst 1938 verschärfte die NS-Regierung ihr Vorgehen gegen die noch in Deutschland lebenden Juden erheblich. An die Stelle von Boykott und Schikane trat nun brutaler staatlicher Zwang und nackte Gewalt. Die noch bestehenden jüdischen Geschäfte hatten sich als erstaunlich überlebensfähig erwiesen, dass die Nationalsozialisten sich nun entschieden, mit größter Härte vorzugehen. Zum 30. September 1938 wurde auch den letzten sieben jüdischen Ärzten, die in Mecklenburg noch praktizieren durften, die Approbation entzogen. Am 28. Oktober schließlich deportierte die Polizei 37 Juden polnischer Staatsangehörigkeit aus Rostock nach Polen.
Am 9. November gegen 22:00 Uhr hielt Goebbels in München eine Rede, in der er die anwesenden Gauleiter und SA-Führer zur Zerstörung der Synagogen und jüdischen Geschäfte aufforderte. Dass daraufhin auch der mecklenburgische Gauleiter Friedrich Hildebrandt, der im Festsaal des alten Rathauses zusammen mit Reinhard Heydrich und anderen ranghohen NS-Führern saß, wie diese zum Telefonhörer griff und den Befehl an die zuständigen Gauamtsleiter in Schwerin weitergab, daran gibt es eigentlich keinen Zweifel. Trotzdem dauerte es in Mecklenburg länger als anderswo, bis die Partei aktiv wurde. Es war keineswegs so, dass die SA-Trupps schon überall in Bereitschaft lagen.
Während in Süd- und Westdeutschland schon kurz nach Mitternacht die Schläger ausrückten, um Feuer zu legen, zu plündern und zu zerstören, begann das Pogrom in Mecklenburg erst gegen 5 Uhr morgens. Zuerst – gegen 5:20 Uhr – brannte die Güstrower Synagoge. Zur gleichen Zeit gab die Staatspolizeistelle Schwerin Verhaltensmaßregeln an alle örtlichen Polizeidienststellen. Kurz nach 5:30 Uhr rief Kriminalassistent Dabbert von der Gestapo in Schwerin den Ludwigsluster Stadtrat Paul Hoffmann an und ordnete an, dass gegen Brände von Synagogen und Zerstörung von Wohnungen und Geschäften von Juden nicht einzuschreiten sei. Plünderungen und Misshandlungen sollten aber durch die Polizei verhindert werden. Wohlhabende Juden seien zu verhaften. Um 6 Uhr stand auch die Synagoge in Alt-Strelitz in Flammen. Zur gleichen Zeit drangen Männer in braunen Uniformen in die Synagoge in Teterow ein und verwandeln sie in einen »Trümmerhaufen«, in Neubrandenburg wurde das Konfektionsgeschäft Wolff verwüstet. Gegen 7 Uhr wurden in Waren die Geschäfte von Georg Baruch und Max Loewenberg demoliert. Auch in Schwerin fand die Zerstörung der Geschäfte und der Synagoge in den frühen Morgenstunden des 10. November statt. In den meisten mecklenburgischen Städten hatten die Vandalen ihr Werk bis Tagesanbruch vollendet.
Nur in Rostock, wo die Größe der jüdischen Gemeinde offenbar besondere Vorbereitung erfordert hatte, sah der Ablauf etwas anders aus. Die Zerstörungen begannen hier einige Stunden später. Gegen 8:30 Uhr stand die Synagoge in Flammen. Gegen 10 Uhr drangen etwa 50 »SS-Burschen« in das Haus des Rechtsanwalts Josephy ein, warfen die Möbel aus dem Fenster und zerschlugen die gesamte Inneneinrichtung. Während in den anderen Städten Mecklenburgs zumeist nur die Geschäfte verwüstet wurden, wurden in Rostock offenbar auch systematisch die Wohnungen heimgesucht. An mehr als 60 Orten in der Stadt wüteten die Schlägertrupps der SA hier bis in den Nachmittag des 10. November hinein.
Auch in Parchim zog sich das Pogrom über den ganzen Tag hin, wurde fast wie ein Volksfest gefeiert. Noch am Nachmittag wurden Akten und Möbel aus den Fenstern der Wohnung des Rechtsanwalts Wolff auf die Straße geworfen und die Inneneinrichtung der Synagoge zum Moltkeplatz getragen und dort am Abend verbrannt.
An einigen Orten wie in Neustrelitz, Neubrandenburg oder Parchim sind die Namen der Täter bekannt. Es waren ausnahmslos Einheimische, nicht selten ortsansässige Geschäftsleute. Manche waren verdiente »alte Kämpfer«. Nicht wenige der alten SA-Veteranen blickten wehmütig auf die »Kampfzeit« zurück, in der sie ihre gewalttätigen Neigungen noch frei hatten ausleben können. Den Befehl zum Pogrom befolgten sie mit offenkundiger Begeisterung. In Wismar, Teterow und Güstrow fanden am Abend des 10. November dann noch öffentliche Kundgebungen statt, auf denen Kreisleiter, Oberbürgermeister und Ortsgruppenleiter ankündigten nun dafür zu sorgen, dass ihre Stadt bald endgültig »judenfrei« sein werde.
Die Reaktion der Bevölkerung auf das Pogrom fiel gemischt aus. Der Schweriner Kaufmann Ludwig Kychenthal schrieb: »Die Passanten, die sich auf dem Markt und der Schusterstraße versammelt hatten, weinten und standen verständnislos da. Mitleid allerseits.« Der gleichfalls in Schwerin wohnende Benno Zoltobrodsky berichtete dagegen später: »Während die Zerstörung ihren Lauf nahm, hörte ich einen unser Nachbarn erfreut ausrufen: »Hurra! Jetzt schlägt man dem Juden alles kurz und klein!< - Ich kann dies immer noch hören, als wenn es gestern gewesen wäre«. Als in Rostock die verhafteten Juden abtransportiert wurden, stießen sie am neuen Markt auf eine lauthals »Schlagt sie tot!« johlende Menge. Auch wenn viele Deutsche Mitleid mit den »armen Juden« empfanden, so missbilligten sie die antisemitische Politik nicht grundsätzlich, sondern kritisierten nur die durch das Pogrom angerichteten Sachschäden und die negative Wirkung, die die Ereignisse auf das Bild Deutschlands im Ausland hatten.
Parallel zu der von der SA und der NSDAP verantworteten Zerstörungsorgie verlief die Verhaftungsaktion der staatlichen Polizei am Morgen des 10. November. Die ursprünglichen Weisungen der Gestapo, nur wohlhabende Juden und keine Frauen und Greise zu verhaften, wurden nirgendwo befolgt. Verhaftet wurden Arme wie Reiche, Junge wie Alte. Der jüngste war der erst 15-jährige Ernst Blass aus Wismar und der älteste der 81-jährige Louis Emanuel aus Neubrandenburg. Die Verhafteten verblieben einige Stunden in den örtlichen Polizeirevieren und wurden dann meist mit Bussen in das Gefängnis in Alt-Strelitz gebracht. In Güstrow und Rostock fahndete die Polizei offenbar gezielt nach den Personen, die ihnen am 10. November entkommen waren, und lieferte diese dann am 12. bzw. am 15. November im Strelitzer Gefängnis ab. Insgesamt wurden 175 Personen in Alt-Strelitz inhaftiert. Davon wurden neun Frauen aus Neustrelitz bereits am Abend des 10. November wieder auf freien Fuß gesetzt.
Über das weitere Vorgehen bestand keine Einigkeit. Der Schweriner Gestapochef Ludwig Oldach kam am 14. November nach Neustrelitz. Auf seine Weisung hin wurden am 16. und 17. zunächst die alten und kranken Häftlinge sowie diejenigen entlassen, die bereits eine Ausreisegenehmigung in der Tasche hatten. Die verbleibenden 112 »lagerfähigen« männlichen Juden sollten dann am 17. November in das KZ Sachsenhausen überführt werden. Kurz darauf widerrief die Gestapo diese Anordnung und entschied, dass die Häftlinge in Alt-Strelitz bleiben und hier zur Arbeit eingesetzt werden sollten. Die Inhaftierten sollten hier zum Verkauf ihrer Häuser und zur Emigration gezwungen werden. Der »Niederdeutsche Beobachter« berichtete: »Für das Geschäft Löwenthal haben sich bereits Liebhaber gefunden, die Verhandlungen sind allerdings noch nicht zu Ende. Wir möchten allerdings nicht annehmen, daß der Jude da noch Schwierigkeiten macht [...]«. Tatsächlich hatte der Schweriner Juwelier Fritz Löwenthal kaum eine andere Wahl.
Darüber hinaus erhielten die Häftlinge das unbeschränkte Recht zum »Briefwechsel mit Konsulenten und Paßbehörden zum Zwecke der Vorbereitung der Auswanderung«. Wenn die Gefangenen ein gültiges Ausreisevisum vorweisen konnten, wurden sie umgehend entlassen. Am 2. Dezember kamen dann erneut 57 Juden mittleren Alters frei, die zumeist im Ersten Weltkrieg als Soldaten gedient hatten. Danach verblieben noch 39 überwiegend jüngere Männer in Haft." Die letzten vierzehn Gefangenen wurden schließlich am 25. März 1939 entlassen.
Allen hatte die Haftzeit eindeutig klargemacht, dass sie in Deutschland keine berufliche Zukunft haben und dass sie hier ihres Lebens nicht mehr sicher sein würden. Verzweifelt versuchten sie das Land zu verlassen. Aber die bürokratischen Hindernisse für eine Emigration waren hoch, und die Zeit wurde angesichts der stetig bedrohlicher werdenden deutschen Kriegsvorbereitungen immer knapper. Die, die in letzte Sekunde noch entkommen konnten, waren vorher bis aufs Hemd ausgeplündert worden.
(gekürzte Fassung aus: Bernd Kasten, Verfolgung und Deportation der Juden in Mecklenburg 1938-1945, Schwerin 2008.)
1923 – Der Hitler-Ludendorff-Putsch
Am 28. Juni 1919 wurde der Versailler Vertrag unterzeichnet und damit die Niederlage des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg besiegelt. Der Versailler Vertrag verpflichtete Deutschland u.a. zum Verzicht auf mehrere seiner Gebiete und all seine Kolonien, zur Leistung von Reparationszahlungen und zur Übernahme der alleinigen Schuld am Ausbruch des Krieges. Die Annahme des Versailler Vertrages wurde insbesondere von der extremen Rechten als Verrat wahrgenommen. Am 11. Januar 1923 besetzten französische und belgische Truppen das Ruhrgebiet. Der durch die Regierung initiierte passive Widerstand, der mit erheblichen Kosten verbunden war, führte Hyperinflation und großer wirtschaftlicher Not der Bevölkerung, deren Lohnerhöhungen mit den Preissteigerungen nicht Schritt hielten. Am 26. September 1923 verkündete die Regierung Stresemann schließlich die Beendigung des Widerstands gegen die Besetzung. Die darauffolgenden Unruhen und Putschversuche waren Ausdruck der Krise der jungen Republik, deren Höhe- und Wendepunkt der Hitler-Ludendorff-Putsch am 8. und 9. November 1923 war.
Adolf Hitler ergriff die Gelegenheit zu dem bereits seit Längerem geplanten Putsch, als der Generalstaatskommissar von Bayern, Gustav von Kahr, am 8. November 1923 im Münchener Bürgerbräukeller über die Ziele seiner Politik sprechen wollte. Nachdem die SA das Gebäude umstellt hatte, riss Hitler, der mit weiteren Nationalsozialisten an der Veranstaltung teilnahm, die Aufmerksamkeit an sich und verkündete die nationale Revolution. Zusammen mit dem hinzugeholten Erich Ludendorff erpresste er – gemäß späterer Aussagen von Kahr und den Kommandeuren der bayrischen Reichswehreinheiten und der Landespolizei, Lossow und Seißer, – deren Unterstützung für seinen geplanten „Marsch auf Berlin“ in Anlehnung an Mussolinis „Marsch auf Rom“. In einem Flugblatt erklärten die Putschisten die bayrische und die Reichregierung für abgesetzt und die Bildung einer provisorischen Nationalregierung, bestehend aus Ludendorff, Hitler, Lossow und Seißer, die im Anschluss auf den Marsch die Macht im Reich übernehmen werde. Die anwesenden Kabinettsmitglieder im Saal wurden im Saal festgehalten. Weitere Mitglieder des Kabinetts und hochrangige Politiker wurden von SA-Männern unter der Leitung von Rudolf Hess in einem Privathaus als Geiseln genommen. Zur gleichen Zeit besetzte Ernst Röhm mit einem Sonderkommando das Wehrkreiskommando VII, das keinen Widerstand leistete, während Lossow heimlich regierungstreue Truppen zum Ort des Geschehens beorderte. Parallel dazu reiste der stellvertretende Ministerpräsident mit den übrigen Kabinettsmitgliedern nach Regensburg, um die gesetzmäßige Regierungsgewalt zu sichern, nachdem er einen Aufruf gegen die Putschisten an die Bevölkerung gerichtet hatte. Noch in dieser Nacht widerrief Kahr die Erklärungen von Lossow Seißer und ihm selbst zum Putschversuch. Am 9. November 1923 verkündeten zahlreiche Plakate trotzdem den Sieg der Bewegung über die Regierungen in Bayern und im Reich. Neun sozialistische Stadträte wurden als Geiseln genommen. Inzwischen rückten verstärkte Verbände von Reichswehr und bayrischer Landespolizei gegen das Wehrkreiskommando vor.
Mittags marschierten Hitlers Leute unter Führung Ludendorffs vom Bürgerbräukeller in Richtung Odeonsplatz, in dessen Nähe sich das Wehrkreiskommando befand. Die Putschisten durch brachten die durch den Kommandanten der Landespolizei im selben Gebäude aufgestellten Absperrketten in der Residenzstraße, wo es zu einem Feuergefecht kam, bei dem mehrere Personen auf beiden Seiten starben. Während Hitler zunächst entkam, wurde Ludendorff verhaftet, jedoch am gleichen Tag wieder auf freien Fuß gesetzt. Hitler wurde am 11. November 1923 verhaftet und die NSDAP im gesamten Reich verboten.
Im anschließenden Prozess wegen Hochverrats im Frühjahr 1924 gelang es Hitler sich selbst als Ankläger gegen die Republik und deren Repräsentanten hochzustilisieren und die Kriegsniederlage als eigentlichen Landesverrat umzudeuten. Er wurde zu fünf Jahren Festigungshaft verurteilt, aus der er nach neun Monaten unter Auflagen entlassen wurde. Während der Haft formulierte er Teile seiner Hetzschrift „Mein Kampf“.
1918 - Novemberrevolution
Bereits im Oktober 1918 schien die Niederlage des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg unausweichlich. Währenddessen herrschte im Reich große wirtschaftliche Not, die Wirtschaft, einschließlich der Landwirtschaft lag am Boden, die Bevölkerung hungerte und es fehlte am Nötigsten.
Meuterei in Kiel
Am 29. Oktober 1918 wurden in Wilhelmshafen und Kiel Vorbereitungen zum Auslaufen der Hochseeflotte getroffen. Im Angesicht dieser „Todesfahrt“ verweigerten die Matrosen den Befehl. Auch die Verhaftungen der vermeintlichen Anführer der Meuterei beruhigten die Lage nicht, im Gegenteil, die Unruhe verbreitete sich. In Kiel fanden Versammlungen und Demonstrationen der Matrosen statt. Die Stimmung griff über auf andere Schiffe und Landeinheiten, Teile der Arbeiter solidarisierten sich mit den Matrosen.
Am 3. November wurde eine Demonstration von Matrosen durch eine Militärpatrouille gestoppt und beschossen, sieben Demonstrationsteilnehmer erschossen. Spontan bildeten die Aufständischen den ersten Soldatenrat. Während mit dem Marine-Gouverneur verhandelt wurde, stellten Soldaten- und Arbeitervertreter einen Forderungskatalog von 14 Punkten auf, der von vielen aufständischen Garnisonen übernommen wurde. Neben zahlreichen Verbesserungen für die Matrosen wurde die vollständige Rede- und Pressefreiheit gefordert.
Ausbreitung des Aufstands
Noch am selben Tag begannen Gruppen von Matrosen, den Aufstand von Kiel aus in andere Hafenstädte zu tragen, so auch nach Rostock, Wismar und andere Küstenorte Mecklenburgs und schließlich auch Schwerin. Drei Tage später brach auch in Mecklenburg, wie in zahlreichen anderen deutschen Ländern, die Revolution aus. Es fanden Streiks, Kundgebungen und Demonstrationen statt. Am 10. November hatten sich Arbeiter- und Soldatenräte in allen größeren Städten des Reiches gebildet.
Die Ziele waren überall die gleichen, die schnelle Beendigung des Krieges und die Beseitigung der politischen Ordnung, die diesen Krieg zu verantworten hatte. Im Verlauf des Aufstandes verlagerte sich die Initiative zunehmend von den Soldaten auf die Arbeiterschaft, die seit jeher gut organisiert und politisch aktiv war. Neben dem Rat der Volksbeauftragten auf Reichsebene waren flächendeckend lokale Räte aktiv. In den Ländern bildeten sich provisorische Regierungen, die die Monarchien in den Einzelstaaten ablösten.
In Mecklenburg und Pommern
Der Kieler Aufstand erfasste am 6./7.11. Mecklenburg und am 9./10.11. die preußischen Provinz Pommern. Aus dem Schweriner Arbeiter- und Soldatenrat entwickelte sich bis Ende November der Zentrale Arbeiter- und Soldatenrat für beide Mecklenburg und forderte die Vereinigung zu einer Republik. Großherzog Friedrich Franz IV berief unter dem Druck der Bevölkerung die Regierungen in Schwerin und Neustrelitz ab und verzichtete für sich und seine Familie auf den Thron. Am 18.12.1918 fand in Mecklenburg-Strelitz die Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung des neuen Freistaates statt.
Mecklenburg-Schwerin folgte am 26.1.1919. In Pommern blieb die Verwaltung von den Ereignissen weitgehend unberührt. Beamtenabsetzungen beschränkten sich auf einzelne Landräte und Bürgermeister.